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SCHWARZ - WEISS
Holz- und Linolschnitte des Expressionismus

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Der nachfolgende Artikel erscheint am 10.3.2015 in: UM:DRUCK Nr. 27/15

20.3. - 5.9.2015

Eröffnung: 20.3., 19 Uhr

Der Central-Verein für das gesamte deutsche Buchgewerbe veranstaltete im Jahre 1898 in Leipzig die „Erste Ausstellung deutscher Holzschnitte“, worunter bei näherer Betrachtung des dazu erschienenen Kataloges (1) eine Leistungsschau der vereinigten Xylographen Deutschlands verstanden wurde. Xylographie bedeutete zu diesem Zeitpunkt die auf die Spitze getriebene Verfeinerung im Holzstichverfahren, bei dem spezialisierte Handwerker harte Stirnholzplatten mit Grabsticheln bearbeiteten. Je näher die dabei erzeugten feinsten Rillen und Stege beinander lagen, desto dichter war der Farbauftrag nach dem Druck auf dem Papier und desto dunkler auch die betreffende Stelle. Umgekehrt wurde Helligkeit durch das Setzen lockerer Strichlagen erzeugt, da an diesen Stellen der helle Papiergrund überwog. Der Effekt konnte durch die Kombination von Dicke und Dichte bzw. Schmalheit und größeren Abstand der Stege gesteigert werden. Die auf diese Weise beliebig erzielbaren Grauschattierungen ließen eine sogenannte „künstlerische“ Reproduktion gemalter Vorlagen zu. Heute, aber offenbar auch schon damals sah man darin hauptsächlich einen Fotografie-Ersatz. Folglich wurden alle Entwicklungen, die für die Zunft existenzbedrohlich waren, mit scheelen Augen betrachtet. Dazu gehörten fotografische Wiedergabemethoden wie z.B. der Lichtdruck aber auch eine seit kurzer Zeit von Künstlern wie William Nicholson, Félix Vallotton oder Edvard Munch praktizierte Art des Flächenholzschnitts, der den Bestrebungen des Reproduktionsholzschnitts diametral entgegengesetzt war. Der (nicht namentlich erwähnte) Schreiber des Katalogtextes lehnt vor allem den von der jungen Künstlergeneration gebrauchtem Ausdruck „Originalholzschnitt“ ab: „Die Holzschnittarbeit an diesen Blättern als »Kunst« zu bezeichnen ist einfach absurd [...] Wir verurteilen das Verfahren [...], weil unser kunstliebendes Laienpublikum durch die besondere Erwähnung »Originalholzschnitt« in einflussreichen Kunstblättern auf den Gedanken kommen muss, dass der Originalholzschnitt etwas Besseres biete als der Reproduktionsholzschnitt; er erhält dadurch eine durchaus falsche Ansicht über den Holzschnitt überhaupt, die unserer Kunst verhängnisvoll werden kann [...] Der Holzschnitt ist und bleibt ein Reproduktionsverfahren.“ Hier lag durchaus nicht der Künstler falsch, der – so weiter – „nie die Arbeit eines Xylographen verstanden hat und noch weniger eine Ahnung von modernen Reproduktionsverfahren besitzt“, sondern eine Zunft lag in ihren letzten Zügen, nicht begreifend, dass in einem fundamentalen Stilwandel um 1900 Künstler auch handwerklich-technisch nach neuen Medien für ihr Ausdrucksbedürfnis suchten.

Mit den „einflussreichen Kunstblättern“ war eindeutig die von Harry Graf Kessler herausgegebene Luxuszeitschrift „Pan“ gemeint, die originalgrafische Beilagen, darunter auch Holzschnitte von Félix Vallotton, Otto Eckmann oder Peter Behrens enthielt. Künstler des späten 19. Jahrhunderts wie van Gogh oder Gauguin, die wegen ihrer Oppositionsstellung zum zumindest in Frankreich alles beherrschenden Impressionismus für die erste Expressionisten-Generation zum Vorbild wurden, hatten schon lange für sich den japanischen Holzschnitt entdeckt. Dem sich daraus ergebenden Credo flächiger Gestaltung folgend, hauchten als erste die schon erwähnten Vallotton und Munch, aber auch Gauguin, Derain, oder Vlaminck nicht nur dem Farb- sondern auch dem reinen Schwarz-Weiß-Holzschnitt neues Leben ein. Sie bearbeiteten dabei ohne vorherige Vorzeichnung einfaches Langholz mit dem Schneidemesser, nicht selten direkt von „primitivem“ Kunsthandwerk beeinflusst, das sie zur vollgültigen Kunst erklärten. Die Aufzeichnungen Gauguins von den Marquesas-Inseln (2) 1903 oder die Berichte Pechsteins über seinen Aufenthalt auf den Palau-Inseln im Südpazifik (3) 1913 bis 1914 geben ein beredtes Zeugnis davon.

Max Pechstein zählte ab 1906 auch zu jener Gruppe von Künstlern in Dresden, die für die kommenden Expressionisten-Generationen in Sachen Druckgrafik – und dort wieder speziell auf dem Gebiet des Holzschnitts – Maßstäbe setzen sollten.

Denn während die französischen Druckgrafiker kurz vor und nach 1900 vor allem an Lithografie und Radierung festhielten (4), wurde der expressionistische Holzschnitt vor allem zu einer „deutsche Sache“. In die Öffentlichkeit trat die anfangs aus den Architekturstudenten Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Fritz Bleyl und Karl Schmidt-Rottluff  bestehende Künstlergruppe „Brücke“ (5) 1905 mit einem knapp formulierten Programm (6), das in seiner unaufgeregten, keineswegs kämpferischen, aber doch fast lässig selbstbewussten Art in krassem Widerspruch zu dem steht, was bis heute in unüberschaubarer Menge über den Expressionismus (als deren wichtigste Proponenten die Brücke-Künstler immer noch gelten) gesagt und geschrieben wurde. Genügten den jungen Künstlern Sätze wie „Als Jugend wollen wir uns Arm- und Lebensfreiheit verschaffen. Jeder gehört zu uns, der unmittelbar und unverfälscht wiedergibt, was ihn zum Schaffen drängt“, dann hat man sie geradezu vor Augen, wie sie sich fern jeglicher Atelier-Muffigkeit mit ihren Aktmodellen nackt um die Moritzburger Seen bei Dresden tummelten, um ihre Eindrücke später dem Holzstock anzuvertrauen.

Auffällig sind die oft in direktem Widerspruch zu einander stehenden Aussagen der Zeitgenossen, die ein ziemlich getreues Zeugnis davon geben, wie schwer es ihnen fiel, sich über Inhalte oder Ziele des Expressionismus zu verständigen. Bis heute hat sich daran kaum etwas geändert. Vielleicht macht es aber gerade das Wesen des Expressionismus aus, dass die vielen „Ismen“ der Zeit, mit all ihren skrupulös formulierten Unterscheidungen, in ihm ihren eigentlichen Kulminationspunkt finden.

Wenige Beispiele, dem Begriff auf die Spur zu kommen, müssen hier genügen. Zur Verteidigung verunglimpfter Künstler herangezogen, zitiert Hermann Bahr 1914 unter dem Stichwort Expressionismus (7) u.a. die Visionen und „Gesichte“ eines Johannes Müller aus dem Jahr 1826, die er ähnlich und in schöner Analogie pauschal den Expressionisten unterstellt. Der Schluss, dass jemand, der Dinge sieht, die man selbst nicht sehen und deren Existenz man mangels empirischen Beweises auch nicht überprüfen kann, nicht ganz zurechnungsfähig und deswegen auch der Kritik nicht zugänglich ist, wird hier nahegelegt. Fast schon tragisch wird es, wenn Bahr zur unterscheidenden Erläuterung des „geistigen“ und „leiblichen“ Auges den Eugeniker Francis Galton bemüht, den Erfinder jener Eugenik, die den Nazis später zuerst als Argument zur Ächtung und Vernichtung „unwerter“ (eben auch expressionistischer) Kunst (8) und daraufhin „unwerten“ Lebens diente.

Bahr wendet sich schließlich dem schon von Wilhelm Worringer (9) geprägten Topos, dass das böse Maschinenzeitalter dem Menschen die „Seele“ geraubt habe, und „die Seele den Menschen nun wieder haben“ wolle, zu. Worringer beeinflusste nachweislich die Gedankenwelt Wassily Kandinskys, die sich u.a. in dessen Buch „Über das Geistige in der Kunst“ (10) zusammengefasst findet. Die Ansicht vom mehr mit der Seele als mit dem Verstand oder den Augen und Händen schaffenden Künstler bürgerte sich daraufhin als Gemeinplatz so ein, dass sich Herwarth Walden, seines Zeichens Begründer des „Sturm“ (11), zu einer Entgegnung bemüßigt fühlte (12): „Man faßte also diese Bewegung [= den Expressionismus] individuell auf, die das Typische sucht. Nicht deshalb, weil der Maler etwas so sieht oder anders sieht, weil der Maler einfach sieht, entsteht das expressionistische Bild. Eine Seele hat das Kunstwerk ebensowenig wie irgendeine Erscheinung der Natur. Die Empfindungen entstehen nur durch die Beziehung zwischen dem Beschauer und dem Kunstwerk. Wie sich Leben und Triebe nur in der Bewegung ausdrücken, so ist der Ausdruck des Bildes die Bewegung, die man in der Kunstsprache Rhythmus nennt. Der Rhythmus ist, wie jede Bewegung, vieldeutig. [...] Die Deutung ist stets die Tätigkeit des anderen. [...] Die Kunst hat nichts mit dieser Seele zu tun. Sie ist die künstlerisch logische Gestaltung optischer oder akustischer Elemente. Das ist Expressionismus.“ Bezeichnend ist auch, dass Walden zwischen Kubismus und Expressionismus keinen Wesensunterschied erblicken konnte sondern dass, laut Albert Gleizes (13), „klar die Einheit des künstlerischen Wollens zwischen Expressionismus und Kubismus hervor[gehe]“.

Von ähnlichen Überlegungen muss auch der Bauhausgründer Walter Gropius ausgegangen sein. Mit seiner Herausgabe von insgesamt fünf Mappenwerken „Europäische Graphik“ 1921 bis 1923, zu denen er bei Künstlern in ganz Europa um Beiträge ansuchte, stellte er die gemeinsamen Ziele in der Druckgrafik der Avantgarde über die zweifelsohne existierenden trennenden Elemente (14). Letztere wurden übrigens 1924 in der von Hans Arp und El Lissitzky herausgegebenen Schrift „Die Kunstismen“ (15) karikiert, wobei sich die Autoren beim Expressionismus als „falscher Hase, das deutsche metaphysische Beefsteak“, der „aus Kubismus und Futurismus gehackt“ wurde, eines Seitenhiebs auf Walden nicht enthalten konnten.

Dass der Holzschnitt ein Leitmedium in der Druckgrafik des Expressionismus darstellt, zeigt sich nicht nur in der großen Anzahl der in dieser Technik entstandenen Blätter, sondern auch in den zeitgenössischen Publikationen zur Druckgrafik und nicht zuletzt in Kommentaren der Künstler bzw. ihnen nahestehender Personen. „Daß im Holzschnitt zur Verdeutlichung von Gegensätzen das ideale Mittel, Zusammenhänge zu vereinfachen, gesehen wurde, liegt auf der Hand“, schreibt Kristian Sotriffer (16) und zitiert Barlach aus dem Jahr 1919: „Es ist eine Technik, die zum Bekenntnis herausfordert, zum unmißverständlichen Darlegen dessen, was man letztlich meint ... sie erzwingt eine gewisse Allgemeingültigkeit des Ausdrucks und weist die unwichtigen Wirkungen bequemer und der Gefälligkeit dienender Verfahren zurück. Ich habe eine Anzahl größerer Holzschnitte, die alle die Not der Zeit behandeln, fertig.“

Zwei Dinge sind hier angesprochen: „Die Not der Zeit“ meinte sicherlich das Erlebnis des Kriegs und der Nachkriegszeit, das bestimmend für das Ausdrucksbedürfnis vieler Künstler wie Käthe Kollwitz, Max Beckmann oder Otto Dix (um nur einige zu nennen, die sich mit Holzschnitt beschäftigten) war, darüber hinaus aber auch für die Kunst einer ganzen Generation, die keine Schonung erfahren hatte und daher Schonungslosigkeit der Darstellung zu ihrem Prinzip machte. Das gleiche gilt z.B. für viele Künstler der nach der Novemberrevolution von 1918 in Berlin gegründeten „Novembergruppe“, deren Holzschnitte in agitatorischer Weise die Titelblätter der Zeitschrift „Die Aktion“ (17) zierten, wobei die Grenze zur Karikatur oft nicht leicht zu ziehen ist. Conrad Felixmüller, Christian Schad oder F.M. Jansen sind hier gute Beispiele.

Was die von Barlach erwähnte „Zurückweisung unwichtiger Wirkungen“ betrifft, die sich als grundlegende Wesensmerkmale expressionistischer Druckgrafik in Verknappung und Steigerung des Ausdrucks manifestieren, sind die Tagebücher Ernst Ludwig Kirchners (18) eine wahre Fundgrube. Da er für die Deutung seiner eigenen Werke fast ausschließlich selbst sorgte (19), zählen seine Äußerungen trotz oder gerade wegen ihrer Subjektivität pars pro toto auch für die Kunst seiner Zeit zu den wichtigsten Zeugnissen (20). In „Über Kirchner Graphik“ (21) schreibt er: „Nirgends lernt man den Künstler besser kennen als in seiner Graphik. [...] Der Holzschnitt ist die graphischste der graphischen Techniken. [...] So kam [Kirchner] auf ungezwungene Weise auf durch die hier notwendige Vereinfachung zu einem klaren Stil in der Darstellung. [...] Die Lebendigkeit seiner Anschauung bewahrte ihn dabei vor der Gefahr des Schematischen, das die meisten Holzschnitte unserer Tage so unerfreulich macht. [...] Ein neuer Stil zeigt sich nicht nur in neuen Proportionen und Ausmessungen, sondern auch besonders in neuartigen Einzelformen. [...] Mit der Veränderung der Einzelform geht die Veränderung der Proportion Hand in Hand. Wie jene, so wird auch diese aus der Gesamtkonzeption folgen. [...] So wird bei einer Figur, deren Kopf den Künstler besonders interessiert, dieser größer werden, während die anderen Teile verkümmern. [...] Kirchners Deformationen stören nicht, denn für das Bild sind sie richtig (22) [...] Er kam so zu einer präzisen Form.“

Nirgends auch nur ein Wort von Überschwang. Man muss sich vor Augen halten, dass viele „ekstatische“ Wirkungen des expressionistischen Holzschnitts dem Kalkül mehr verdanken als schwülstige Formulierungen expressionistischer Kunstgeschichts-schreibung nahelegen (23), was die von Herwarth Walden behauptete Nähe zum Konstruktivismus glaubhaft erscheinen lässt. So haben z.B. die Künstler der ungarischen Avantgarde im Wiener Exil wie Lajos Kassák, Sándor Bortnyk oder László Moholy-Nagy expressive und konstruktive Elemente virtuos gemischt. Neben der Herausgabe ihrer eigenen Zeitschrift „MA“ („Heute“) publizierten sie alle entweder in der „Aktion“ oder im „Sturm“. Dass das jugendstilverliebte Wien dem Expressionismus gegenüber im Übrigen seltsam indifferent blieb (24), steht auf einem anderen Blatt. Der Übergang vom Jugendstil zur „Neuen Sachlichkeit“ ging hier – vor allem in der Architektur – fast ohne den Umweg über den Expressionismus vonstatten. Als Beispiele für Ausnahmen seien hier die immer noch als Geheimtipp geltende Margarete Hamerschlag oder die beiden großartigen Holzschneider O. R. Schatz und Cary Hauser erwähnt. Letztere lieferten neben Einzelblättern auch zahlreiche Beiträge zur Buch- und Zeitschriftenillustration.

Bei der Kombination von Text und Bild wurde vor allem deswegen der Holzschnitt bevorzugt, weil man ihn in einem Vorgang gemeinsam mit dem Letternsatz drucken konnte. Von der politisch agitatorischen Zeitschrift „Die Aktion“, über den sich künstlerischen Problemen der Zeit widmenden „Sturm“ bis zum vollendeten Künstlerbuch aus einer Hand wie z.B. „Umbra Vitae“ (25) machte man von dieser Möglichkeit reichlich Gebrauch (26), was diese Epoche mit dem Anfang der europäischen Buchgeschichte im 15. Jahrhundert verbindet. Dass die deutsche Gotik nicht nur in Sachen Buchdruck sondern auch formal starken Einfluss auf die Brücke-Künstler und die nachfolgende Expressionisten-Generation ausübte (27), ist durch mehrfache Äußerungen verbürgt. Die Beschäftigung mit den Holzschnitten Dürers, die Kirchner in Nürnberg noch vor Gründung der „Brücke“ sah, könnte neben der schon eingangs erwähnten Vorbildwirkung Gauguins, Vallottons und Munchs überhaupt erst die Wiederaufnahme des mit dem Ende des 19. Jahrhunderts zur reinen Reproduktionsgrafik verkommenen Mediums angeregt haben. Auch die Autoren von Publikationen über den Holzschnitt wie Paul Westheim (28) oder Gottfried Graf (29) argumentieren in diese Richtung. Letzterer resümiert die Anfänge des künstlerischen Holzschnitts zu Beginn des 20. Jahrhunderts: „Es bedurfte einer Art Katastrophe, um den Holzschnitt zu seiner künstlerischen Aufgabe zurückzuführen. Im Anfang unseres Jahrhunderts wurde der [...] Reproduktionsholzstich vom photomechanischen Verfahren abgelöst. Der technisch hochgebildete Stand der Xylographen ward dadurch erschüttert; man bedurfte seiner nicht mehr. Um dieselbe Zeit aber [...] griffen die Künstler zum einfachen Tannenbrett und schnitten mit groben Messern in das splitternde Material. Die Wirkung der Drucke war drastisch. Sie war von solch elementarer Kraft, daß die nach Erneuerung des Ausdrucks [...] strebende junge Kunst dieses Mittel gierig aufgriff [...] Es genügte der einfache Gegensatz von Schwarz-Weiß [...], um außerordentliche Wirkungen herauszuholen. [...] Keine graphische Technik drückt das Gesicht, den Willen, die künstlerischen Bestrebungen unserer Zeit eindrucksvoller aus, als der Schwarz-Weißholzschnitt.“

Bleibt noch zu sagen, dass es auch die Zerstörungswut der Nazis nicht vermochte, dem Expressionismus in der Kunst ein Ende zu setzen. Auch nach dem Krieg wusste er sein hartnäckiges Leben, gerade in einem die Expressivität von Natur aus so fördernden Medium wie dem Schwarz-Weiß-Holzschnitt, bis heute fortzusetzen.

Anmerkungen:
1 Richard Berthold (Hg.): Katalog der ersten Ausstellung deutscher Holzschnitte, Leipzig 1898
2 Auf Deutsch: Paul Gauguin: Vorher und Nachher, München 1920 (verfasst 1903, Faksimile 1918, frz. EA 1923)
3 In: Max Pechstein: Erinnerungen, Wiesbaden 1960
4 Der Ausdruck „peintre-graveur“ (wörtlich „Maler-Stecher“) verweist auf diese Tatsache.
5 Später kamen, wenn auch nur kurzfristig, Max Pechstein, Emil Nolde, Cuno Amiet, Kees van Dongen und Otto Mueller dazu.
6 In: Magdalena M. Moeller (Hg.): Dokumente der Künstlergruppe Brücke, München 2007
7 Hermann Bahr: Expressionismus, München 1914
8 Die Ausstellung „Entartete Kunst“, die ab 1938 als Wanderausstellung durch alle Städte des deutschen Reiches organisiert wurde, hatte die höchste Besucherzahl, die je eine Ausstellung erreichte. Sie wurde von 7. Mai bis 8. Juni 1938 auch im Wiener Künstlerhaus gezeigt.
9 Wilhelm Worringer: Abstraktion und Einfühlung, München 1907
10 Wassily Kandinsky: „Über das Geistige in der Kunst“, München 1912 (rev. Neuauflage, Bern 2004)
11 Lothar Schreyer: Zur Geschichte des Sturm, in: Herwarth Walden: Einblick in die Kunst – Expressionismus, Futurismus, Kubismus; Verlag Der Sturm, Berlin 31924 (EA 1917), S.168 ff.
1917, als die Geschichte des „Sturm“ geschrieben wurde (in der Ausgabe 1924 vermutlich aktualisiert), hatte Herwarth Walden seit 1912 bereits über 300 Ausstellungen in praktisch ganz Europa, den USA und Japan organisiert. Das Verzeichnis der ausgestellten Künstler stellt ein Who‘s Who der gesamteuropäischen, also nicht nur der deutschen Avantgarde da. Gleichzeitig gab Walden die Zeitschrift „Der Sturm“ (1910 – 1932) meist mit Originalgrafiken derselben Künstler heraus. Walden betrieb ferner die „Sturm-Galerie“, die „Sturm-Bühne“, die „Sturm-Abende“ und die „Sturm-Schule“. Walden kann also zu Recht als das „Epizentrum“ der Avantgarde in Deutschland und mit ihr auch des Expressionismus bezeichnet werden. Durch seine ,Betriebsamkeit‘ zog er sich die unüberwindliche Abneigung Karl Kraus’ zu. Wien blieb im Übrigen von den Errungenschaften bspw. der Brücke-Künstler, die alle Originalstöcke für die frühen Sturm-Nummern lieferten, größtenteils unberührt. Zu den ersten Abbildungen im „Sturm“ gehörten hingegen Strichätzungen nach Zeichnungen von Oskar Kokoschka, der auf diese Weise einen Großteil seines frühen zeichnerischen Œuvres im „Sturm“ publizieren konnte. Im Bereich der Originalgrafik bediente sich Kokoschka ansonsten der Lithographie, während bei Schiele - neben Kokoschka der zweite von Wien aus (wenn auch erst lange nach seinem Tod) zu Weltruhm gelangte Künstler, den man dem Expressionismus zurechnen darf - Druckgrafik überhaupt nur eine untergeordnete Rolle spielt. Zur speziellen Situation Wiens im Expressionismus siehe weiter unten.
12 Walden: Einblick in die Kunst, S.124 (Anm.11)
13 Albert Gleizes, Jean Metzinger: Du Cubisme, Paris 1912 (Neuauflage 1947)
14 Vgl. Klaus Weber et al.: Punkt Linie Fläche – Druckgraphik am Bauhaus, Berlin 1999
15 Hans Arp, El Lissitzky: Die Kunstismen, Erlenbach-Zürich 1925 (Reprint, Baden bei Zürich 1990)
16 Kristian Sotriffer: Expressionismus und Fauvismus, Aufbruch der Druckgrafik von der Romantik bis zur Gegenwart IV, hg. von Walter Koschatzky, Wien und München 1971, S.29
17 „Die Aktion“ wurde zwischen 1911 und 1932 von Franz Pfemfert herausgegeben. Vgl. Alfred M. Fischer: Die Aktion – Sprachrohr der expressionistischen Kunst, Bonn 1984
18 Lothar Grisebach: E. L. Kirchners Davoser Tagebuch, Köln 1968
19 Kirchner sprach von sich selbst unter dem Pseudonym „Louis de Marsalle“ immer in der dritten Person, wenn er in Zeitschriften, Katalogen oder Almanachen publizierte. Fast alle diese Aufsätze sind wiedergegeben in: Grisebach: Kirchner, S.185 ff. (Anm.18)
20 Kirchner distanzierte sich allerdings später vollkommen von seinen ehemaligen „Brücke“-Kollegen. Aussagen über diese sind also mit äußerster Vorsicht zu genießen. Kirchner verbot den Verfassern seiner ersten Werkverzeichnisse Gustav Schiefler und Will Grohmann explizit jede Äußerung zu seiner ehemaligen Zugehörigkeit zur „Brücke“, ja jede Erwähnung derselben überhaupt.
21 Grisebach: Kirchner, S.190 ff. (Anm.18)
22 Hier ist unmissverständlich ausgedrückt, dass nicht Abbildung der Natur Aufgabe des Künstlers sei, sondern die Beachtung der sich aus der Bildfläche ergebenden Gesetze. Wie auch immer – alle Aussagen Kirchners konterkarieren die auch von Kunsthistorikern oft getroffene Gleichsetzung expressionistischer Kunst mit dem Ausdruck persönlicher Willkür oder „Befindlichkeit“ des Künstlers. Wenn es schon um den Ausdruck von „Gefühlszuständen“ geht, so muss sich dieser laut Kirchner doch immer der gesetzmäßigen Gestaltung der Fläche – mit dem Ziel von Einheitlichkeit – unterwerfen.
23 Ein Paradebeispiel ist Wilhelm Hausensteins „Über Expressionismus in der Malerei“, erschienen erstmals in Kasimir Edschmids „Tribüne der Kunst und Zeit“, Berlin 1919
24 Eine Ausnahme bildet die Spielart des von der Klasse Franz Čižek an der Wiener Kunstgewerbeschule ab ca. 1918 ausgehenden „Kinetismus“ mit Erika Giovanna Klien, My Ullmann und Elisabeth Karlinsky als den wichtigsten Künstlerinnen.
25 Georg Heym: Umbra Vitae; mit 47 Holzschnitten von E. L. Kirchner, München 1924 (wurde von Kirchner zur Gänze selbst konzipiert)
26 Andere wichtige expressionistische Zeitschriften bzw. Almanache mit Originalgrafik waren: „Die Kündung“ (Hg. Wilhelm Niemeyer, Rosa Schapire), „Die rote Erde“ (Hg. Karl Lorenz, Rosa Schapire), „Das Kunstblatt“ (Hg. Paul Westheim), „Genius“ (Hg. Karl Georg Heise, Hans Mardersteig, Kurt Pinthus), „Ganymed“ (Hg. Julius Meier-Graefe), „Almanach Fritz Gurlitt“ (Hg. Fritz Gurlitt)
27 Vgl. dazu: Arthur Roessler: Die Stimmung der Gotik, mit Holzschnitten von O. R. Schatz; Wien 1922
28 Paul Westheim: Das Holzschnittbuch, Potsdam 1921









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29 Gottfried Graf: Der neue Holzschnitt und das Problem der künstlerischen Gestaltung, Heilbronn 1927